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Nachdem wir uns im letzten Beitrag ausführlich mit der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) als Bruttokriterium der Ausdauerleistungsfähigkeit beschäftigt haben, soll es in diesem Beitrag um das hochintensive Training (HIIT) im Kraft- und Ausdauersport gehen. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf dem hochintensiven Intervalltraining (HIIT) im Ausdauersport und seine Bedeutung für die Verbesserung der VO2max. Bevor einzelne Trainingsprogramme vorgestellt werden, wird zunächst geklärt was unter HIIT im Kraft- und Ausdauersport zu verstehen ist, welche Erfahrungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen und welche Methoden zu unterscheiden sind.

Was ist HIIT im Kraftsport?

HIIT im Kraftsport ist die hochintensive Form des Einsatztrainings, beim dem durch die Anwendung von Intensitätstechniken/Ausbelastungsstrategien durchgehend bis zum Punkt des momentanen Muskelversagens und darüber hinaus bei niedriger Bewegungsgeschwindigkeit (7-Sekunden-Regel) trainiert wird. Dabei wird die exzentrische Bewegungsphase langsamer als die konzentrische Phase ausgeführt (2-1-4 s). Um eine maximale Ermüdung zu erzielen werden pro Muskelgruppe meist mehrere Übungen an bzw. mit unterschiedlichen Geräten durchgeführt. Eingeführt wurde die HIIT-Methode bereits in den 70er Jahren des vorherigen Jahrhunderts. Als Gründer der HIIT-Methode wird Arthur Jones genannt, erfolgreiche Sportler, die mit dieser Methode verbunden werden sind u.a. Mike Mentzer und Arnold Schwarzenegger.

Was ist HIIT im Ausdauersport?

HIIT im Ausdauersport ein Training, bei dem sich hoch-intensive Aktivitätsperioden mit aktiven oder erholenden Regenerationsphasen abwechseln. Die Aktivitätsphasen haben ein Intensitätsniveau oberhalb der individuellen anaeroben Laktatschwelle. Bei sehr kurzen Belastungsintervallen liegt die Intensität sogar über der VO2max. Die Regenerationsphase zwischen den Intervallbelastungen wird meist aktiv mit geringer Intensität bei unterschiedlicher Dauer oder als vollständige (lohnende) Pause gestaltet.

Warum überhaupt nach der HIIT-Methode trainieren?

Im Vergleich zum Volumentraining mit niedriger Intensität kann durch HIT und HIIT ein höheres Volumen an hochintensiven Anteilen in einer Trainingseinheit bei geringerem Gesamttrainingsvolumen ermöglicht und damit die Reizwirksamkeit des Trainings deutlich erhöht werden. Der intensive Reiz führt im Kraftsport zur Muskelhypertrophie und im Ausdauersport zur Erhöhung des Schlagvolumens des Herzens bzw. des gesamten Herzminutenvolumens und dies wiederum zu einer Erhöhung der VO2max wie im letzten Beitrag erläutert.

Seit wann wird nach der HIIT-Methode trainiert?

Das klassische Intervalltraining, gern unterschieden in extensives und intensives Intervalltraining ist jeder Läuferin und jedem Läufer mehr oder weniger bekannt. Zu den Anfängen des Intervalltrainings zählen das vom schwedischen Trainer Gösta Olander entwickelte Fartlek (Fahrtspiel) und die Freiburger Intervallmethode um Trainer Woldemar Gerschler, der Rudolf Harbig mittels des damals neuartigen Intervalltrainings Ende der 1930er Jahre in die Weltspitze im 800-m-Lauf führte. Als prominentester Vertreter der Intervallmethode zählt jedoch der tschechische Ausnahmeläufer Emil Zátopek, der bei den Olympischen Spielen 1952 in Helsinki bis heute einmalig über 5.000 m, 10.000 m und Marathon gleich drei Goldmedaillen gewann. Zatopek wählte für seine Intervallläufe anfangs 100- und 200-m-Meter-Intervalle und später hauptsächlich 400-Meter-Intervalle. Typische Intervallprogramme von ihm waren 10 × 100, 10 × 200 oder 6 × 400 Metern mit 200-Meter-Trabpause. Im Laufe der Saison folgte eine sukzessive Erhöhung der Intervallanzahlen. Berichtet wird, dass er in den Olympiajahren die Intervalleinheiten auf außerordentliche Wiederholungszahlen von bis zu 100 × 400 Meter erhöhte. Die Wirksamkeit des Intervalltrainings hatte nicht nur Zatopek, sondern viele Trainer schon früh erkannt. Der Begriff „HIIT“ wurde erst Anfang der 2000er Jahre populär.

Verschiedene Programme des HIIT im Ausdauersport

Beim HIIT lassen sich drei Typen von Programmen in Abhängigkeit von Intensität, Dauer und Wiederholungen grundsätzlich unterscheiden.

A: Die langen Intervalle (2-6 min) werden im Bereich der individuellen anaeroben Schwelle durchgeführt, also bei einer Geschwindigkeit des maximalen Laktat-Steady-State (MLSS). Dies würde etwa einer Intensität von 90-95% der maximalen Herzfrequenz bzw. 85-90% der Geschwindigkeit an der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) entsprechen. Ein Lauf an der MLSS bedeutet, dass Laktatbildung und Laktatabbau gerade noch auf einem Niveau bleiben, es also nicht zum Anstieg des Laktats von Intervall zu Intervall kommt. Die aktive Pause (lockeres Traben) sollte dabei etwa der halben Belastungszeit entsprechen (z.B. 4 x 4 min mit 2 min aktiver Pause). Mit dieser Art des extensiven Intervalltrainings auch als Schwellentraining bezeichnet wird der aerobe Kohlenhydratstoffwechsel (Sauerstofftransport) und zugleich der anaerobe Kohlenhydratstoffwechsel trainiert. Damit einher geht ein hohes Herzminutenvolumen was zur Erhöhung der VO2max beiträgt.

B: Die kurzen Intervalle (30-90 sec) werden im Bereich der Geschwindigkeit an der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) und deutlich oberhalb der individuellen anaeroben Schwelle (MLSS) durchgeführt. Die Herzfrequenz kann nach mehreren Intervallen bis zur maximalen Herzfrequenz ansteigen. Die Laktatkonzentration nimmt von Intervall zu Intervall zu, was zu einer sehr starken Übersäuerung (Azidose) der Muskulatur führen kann. Die kurze aktive Pause von unter 60 s reicht nicht aus, um eine Laktatanhäufung (Akkumulation) zu verhindern. Diese ist auch gewünscht, um die anaerobe Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Werden diese kurzen Intervalle am leichten Anstieg durchgeführt, dann ist dies zugleich ein starker Reiz auf das Herz hinsichtlich der Entwicklung eines Sportherzens und der hoch wirksamen Verbesserung der VO2max (z.B. 10 x 200 mit 200 m aktiver Pause).

C: Die Sprintintervalle (<20 s) werden mit maximaler Intensität (all out) deutlich oberhalb der Geschwindigkeit an der maximalen Sauerstoffaufnahme durchgeführt. Nach jedem Intervall erfolgt eine passive Erholungsphase von etwa 45-90 s. In einer Trainingseinheit können 2 bis 3 Serien mit je 6 Intervallen bei einer aktiven Serienpause von etwa 10 min absolviert werden. Sprintintervalle fördern die Schnelligkeit und die Ansteuerung der schnellen Muskelfasern. Eine hohes Gesamtvolumen (mehrere Serien) führt zu einer starken neuromuskulären Ermüdung, so dass solche Programme nicht wöchentlich erfolgen sollten (z.B. 3 x 6 x 10 s Sprint)

HIIT Training und VO2max

HIIT-Studie mit Freizeitläufer*innen

Ziel einer eigenen wissenschaftlichen Studie war es, die Leistungsentwicklung im Laufen durch ein HIIT-Programm im Vergleich zu einem Dauerlaufprogramm bei gleichem Trainingsumfang zu untersuchen. An der Studie nahmen 34 Freizeitläuferinnen und -läufer im Alter von 35-45 Jahren teil, die bisher maximal 20 km pro Woche gelaufen sind. Mit einem Stufentest wurde die maximale Sauerstoffaufnahme und weiter Parameter vor und nach dem 12-wöchigen Laufprogramm bestimmt. In jeder der beiden Laufgruppen waren 8 Frauen und 9 Männer, die sich vom Alter und der Laufleistung gruppenstatistisch nicht unterschieden. Die wöchentliche Trainingszeit wurde für beiden Gruppen auf 2:30 Stunden festgelegt. Die HIIT-Gruppe trainierte an fünf Werktagen jeweils 30 min, darunter ein extensiver Dauerlauf und vier unterschiedliche HIIT-Programme. Die andere Gruppe trainierte nur am Wochenende mit einem intensiven und extensiven längeren Dauerlauf.

HIIT-Gruppe (8 Frauen, 9 Männer)
2:30 h Training an fünf Werktagen à 30 min

  • Montag: GA 1-Dauerlauf (65% HFmax) über 30 min
  • Dienstag: HIIT-Sprintintervalle: 10 x 30 s (all out) mit 90 s locker laufen
  • Mittwoch: HIIT-Tempodauerlauf (85% HFmax) über 30 min
  • Donnerstag: HIIT-Langintervalle: 4-6 x 2 min (90% HFmax)
  • Freitag: HIIT-Sprintintervalle: 10 x 30 s (all out) mit 90 s locker laufen

Wochenend-Dauerlauf-Gruppe: (8 Frauen, 9 Männer)

  • 2:30 h Training am Wochenende
  • Samstag: Intensiver Dauerlauf 40-60 min (GA 1-2, 85% HFmax)
  • Sonntag: Extensiver Dauerlauf 60-90 min (GA 1, 70% HFmax)

Das Ergebnis nach 12 Wochen war überraschend eindeutig: die HIIT-Gruppe steigerte ihre maximale Sauerstoffaufnahme um 17% und die Wochenend-Dauerlaufgruppe nur um 6%. Beide Gruppen absolvierten anschließend ihren ersten Halbmarathon und erreichten das Ziel nach 2:14 h ± 21 min (HIIT-Gruppe) bzw. 2:17 h ± 19 min (Dauerlauf-Gruppe).

HIIT nach Tabata

Eine populäre HIIT-Methode im Fitnesssport ist Training nach Tabata. Es ist eine Art von Intervalltraining, das Dr. Tabata im Jahr 1996 entwickelte. Dabei wird über 20 Sekunden mit maximaler Intensität, gefolgt von 10 Sekunden Pause trainiert. Ein Set dauert in der Regel 4 min (8 x 20 sec + 8 x 10 sec Pause) und eine Trainingseinheit nicht länger als 45 min. Es eignen sich Übungen, die einfach und in einer schnellen Abfolge ausführbar sind. Dieses Training trägt nicht nur zur allgemeinen Muskelkräftigung und Verbesserung anaeroben Leistungsfähigkeit, sondern auch zur Erhöhung der maximalen Sauerstoffaufnahme bei.

Trainingsempfehlungen

Während das HIT im Kraftsport eher dem ambitionierten und erfahrenden Kraftsportler zu empfehlen ist, sind die HIIT-Methoden des Ausdauertrainings auch für Sportler mit noch niedrigem Leistungsniveau geeignet. Sie können ihre Ausdauerleistung durch HIIT-Einheiten in kürzerer Zeit erhöhen. Empfehlen würde ich mit einer Tabata-HIIT und einer Ausdauer-HIIT-Einheit pro Woche zu starten. Dabei wären die HIIT-Kurzintervalle besonders geeignet. Die anderen Lauf- oder Radeinheiten sollten dann eher im niedrigen Intensitätsbereich (LIT: Low-Intensitäts-Training) mit höherem Umfang erfolgen. Eine weitere Krafttrainingseinheit (Mehrsatztraining) an oder mit Geräten unterstützt das auf Kraft und Ausdauer orientierte Fitnessprogramm sinnvoll.

Literatur zur Studie:
Hottenrott, K., Ludyga, S., Schulze, S. (2012). Effects of high intensity training and continuous endurance training on aerobic capcity and body composition in recreationally active runners. Journal of Sports Science Volume 11, Issue 3, 483 – 488.
Tabata, I., Nishimura, K., Kouzaki, M., Hirai, Y., Ogita, F., & Miyachi, M. (1996). Effects of moderate intensity-endurance and high intensity-intermittent training on anaerobic capacity and VO2max. In, Marconnet, P (ed) et al. In First annual congress, frontiers in sport science, the European perspective May (pp. 28-31).

Ein Artikel von Prof. Dr. Kuno Hottenrott