Faszientraining
 

Faszientraining

Das Augenmerk der sportlichen Betätigungen vieler Menschen liegt immer noch auf der klassischen Triade von Muskelkraft – kardiovaskulärer Ausdauer – neuromuskuläre Koordination. (vgl. Kram R, Dawson TJ. Energetics and biomechanics of locomotion by red kangaroos (Macropus rufus). Comp Biochem Physiol Mol Biol 1998; 120: 41-49).
Dem gegenüber stehen eine Vielzahl von modernen oder neu interpretierten Sportarten wie Pilates, Functional Fitness und Yoga die viele positive Effekte des Faszientrainings nutzen allerdings noch nicht alle Forschungserkenntnisse voll ausschöpfen können. Um ein gesundes und intaktes Fasziennetz aufzubauen müssen allerdings viele Faktoren der modernen Wissenschaft mit in das Training verbaut und integriert werden. Hierfür ist es von großer Bedeutung, dass gerade die Vorbilder der sportlichen Bewegung (Fitnesstrainer, Yogalehrer, Physiotherapeuten) die positiven Effekte verinnerlichen und die richtige Anwendung im Bereich der Faszien-Fitness verinnerlichen. Bei dem Training für die Faszien-Fitness unterscheidet man im wesentlichen drei Trainingsprinzipien:
  1. Das Prinzip der vorbereiteten Gegenbewegung. Bei diesem Trainingsprinzip nutzt man einen „Katapult-Effekt“. Dieses Prinzip beschreibt die leichte Vorspannung eines Gewebes bevor es sich mit seiner Spannung in eine entgegengesetzter Richtung entlädt. Man kann sich hierfür einen normalen Bogen vorstellen bei dem die Schnur zuerst, ähnlich wie der Bogen unter eine leichte Spannung gebracht wird um die entstehende Gegenspannung für eine zielgerichtete Kraftentladung zu benutzen. Hierfür eigenen sich viele Übungen bei denen man den Körper in eine leichte Vorspannung bringen kann z.B die Bewegung des Holzhackens. Hierbei wird der Körper mithilfe der Arme nach oben und etwas übertrieben nach hinten gestreckt bevor die entstandene Kraft der Wirbelsäule und der Rumpfmuskulatur für eine Gerichtete Vorwärtsbewegung genutzt wird. Das umgekehrte gilt dann auch für das Aufrichten des Körpers. Die bei der Vorbewegung entstanden Kraft wird im Umkehrschluss in der Rückenfaszien und Rückenmuskulatur gespeichert und für ein zügiges Aufrichten genutzt.
  2. Als zweites Prinzip kann im Bereich der Faszien-Fitness das „Ninja-Prinzip“ angewendet werden. Hierbei wird das bewusste Vorfedern dafür genutzt die Bewegung so flüssig wie nur möglich wirken zu lassen. Der Vorteil ist die gesteigerte Koordination des Bindegewebes und der damit in Zusammenhang stehenden Gewebe.
  3. Das dritte Prinzip ist das Prinzip der „Dynamischen- Dehnung“. In der Faszien-Fitness achtet man bei dieser Form der Dehnung darauf, dass die Dehnungsbewegungen so fließend wie möglich ausgeführt werden. Anders als beim klassischen Dehnen wird hier empfohlen die Dehnungsbewegungen ineinander übergehen zu lassen.
Bei einer wissenschaftlichen Untersuchung von Säugetieren wurde festgestellt, dass einige Säugetiere weiter Springen können als die Kontraktionskraft ihrer Beine eigentlich erzeugen kann. Später wurden dieser Untersuchungsergebnisse auch mit Untersuchungen beim Menschen verglichen. Dabei wurde festgestellt, dass auch der Mensch über eine Art „Sprungmechanismus“ innerhalb der Muskulatur besitzt. (Sawicki GS, Lewis CL, Ferris DP. It pays to have a spring in your step. Exerc Sport Sci Rev 2009; 37: 130–138) Dieser Effekt wurde später als „Katapult-Effekt“ in der Wissenschaft verankert. Bei diesem Effekt werden die Sehnen, Bänder und Faszien der Beine wie kleine Gummibänder gespannt, wird diese Spannung dann freigesetzt multiplizieren sich die entstandenen Kräfte und setzen ein hohes Maß an Energie frei.
Mit den jüngsten Forschungen widerlegte man die Theorie das die Kräfte die beim Sprung eines Weitspringers z.B freigesetzt werden über die Multiplikation der Gelenkbewegung erzeugt werden und konnte somit einige neue Trainingstechniken zur Verbesserung der Sprungkraft bei Sprungathleten entwickeln. Bei einem klassischen Training im Bereich des Kraftsportes wird der Muskeln mit Gewichten immer innerhalb des normalen Bewegungsumfanges bewegt. Daraus resultiert eine Vielzahl von positiven Effekten, die die Stärke des Fasziengewebes beeinflussen, allerdings hat sie auf die Faszienanteile die parallel zum Muskel kaum einen Einfluss.
Der Federmechanismus des Menschen wurde bei diesen Untersuchungen als sehr stark beschrieben und steht dem Mechanismus von Säugetieren wie z. B. dem Känguru in keinen Punkten nach. Bei der menschlichen Form dieses Effekts ändert aktiv ihre Länge, wenn sie unter eine Belastung oder eine Vorspannung geraten während die Sehnen und Aponeurosen kaum länger werden. Bei Bewegungen mit elastisch-federnder Qualität bewegen sich die Bindegewebe in ihrer elastischen Form ähnlich eines „Jo-Jo – Effekts“ und verlängern ihre Länge und die damit übertragbare Kraft wird durch die Gewebevergrößerung gesteigert. In der Faszien-Fitness ist bekannt, dass Gewebe das nicht regelmäßig vor die Anforderung einer federnden Bewegung gestellt, wird seine Elastizität verliert und damit auch sein Potential zur direkten Kraftübertragung. Mit voranschreitendem Alter nimmt die Elastizität und Beweglichkeit des Fasziengewebes und damit die Stärke dieses Effektes ab. Die Fasern verlieren ihre multidirektionale Struktur und damit auch die Mobilität des Fasziengewebes.
Im Bereich Faszien-Fitness gibt es ein weites Spektrum an Möglichkeiten für den selbstinduzierten myofacial release und die Selbstbehandlung faszialer Probleme. Die meisten dieser Trainingsmittel befinden sich schon lange nicht mehr in der „Testphase“ ihres daseins und sind in vielen Therapeutischen Praxen schon lange ein Gegenstand des alltäglichen Arbeitens.
Die Vorteile dieser Geräte liegt darin das sie meist sehr einfach zu Handhaben und darüber hinaus sehr flexibel einsetzbar sind. Die Trainingsmittel bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten zur aktiven Regeneration von beanspruchtem Gewebe. Aber auch ihre Fähigkeit, das Gewebe vor einer Belastung zu mobilisieren und für eine auftretende Belastung ausreichend vorzubereiten werden sehr geschätzt.
Hier findet Ihr eine sehr gute Fortbildung zu diesem Thema: Faszientraining mit der Blackroll®
Von Prof. Dr. Jens Ebing, 19.06.2018